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Wir bauen uns eine Königswelle

Verfasst: So 13. Mär 2022, 17:33
von Manlutz
Hi Ihr Schrauber
Bisschen ruhig hier in den letzten Tagen, also werd ich mal was zum Besten geben.
Aufbau der 900SSD die ich Ende letzten Jahres günstig mit Motorschaden erstanden habe.

Siehe Vorstellung: viewtopic.php?f=53&t=651

Warum mach ich das hier?
Um auf etwaige Fehler hingewiesen zu werden.
Um dem einen oder anderen helfen zu können.
Das ist meine erste Königswelle, und alles was ich hier so schreibe ist vielleicht nicht ganz richtig, wird sich dann ganz am Ende zeigen, wenn alles so funktioniert, wie es soll.

Es wurde relative schnell aus dem:
002_900SSD_re.jpg
001_900SSD_li.jpeg
Das:
003_900SSD_Kisten.JPG
Was mir sehr positiv auffiel war, dass bei dieser Diva relativ wenig Schrauberhände zu Gange waren, da alle Schrauben wie Neu waren, nix vermackelt, vergammelt oder sonst was.
Also ein richtig schönes schrauben. Und wie schon erwähnt, weiß ich jetzt auch warum ne Duc so teuer ist, da steckt schon richtig Qualität drin, und auch die technische Umsetzung ist einfach besser gemacht, also z.B. bei einer Guzzi.
Bin eigentlich ein Freund von VA Schrauben, aber da hier alles nach Behandlung mit VA Drahtbürste echt seidig schön war, hab ich mich entschlossen alles Original zu lassen.
Die Demontage erfolgt mit akribischer Dokumentation; Alles schön vermessen, aufgeschrieben, gereinigt, Fotos gemacht, in Tütchen verpackt und dann ab in die Kiste.
Es gibt später nix schöneres als beim Aufbau saubere Teile zu haben, und nicht erst alles reinigen zu müssen.
Nachdem der Motor also draußen war, relative schnell festgestellt, dass die Pleuellager und Hubzapfen hin waren.
Kann und wollt ich nicht selber machen, also ab in die Schweiz zu Freund Konrad.

Siehe Beitrag: viewtopic.php?f=26&t=687

Bleibt nun Zeit den Motor neu zu machen.
Also erst mal alle Lager raus, wenn schon, denn schon.
Ein heißer Ofen und eine Presse sind da Gold wert.
004_900SSD_Ofen.JPG
Lagerlisten sind ja überall zu finden, was mir nur wichtig war ist, dass die Lager all C3 sind, also mit erhöhter Lagerluft.

KW Hauptlager gibt’s halt nicht überall, also die Originalen Duc Lager bestellt.
Während ich auf die KW und die Hauptlager gewartet habe, hab ich erst mal die Distanzierung des Getriebe überprüft.
Also die passende Dichtung drauf, Getriebe wie es war in den Motor, Gehäuse zu, mit Drehmoment fest gemacht und gemessen.
Generell hab ich den Motor gefühlt 80 mal auf und zu gemacht, dass ist halt der Nachteil am längs geteilten Motorgehäuse.
005_900SSD_Schaltwalze.JPG
Die Schaltwalze soll ja eigentlich Nullspiel haben. Also Messuhr angesetzt und re und li gedrückt, da waren es 0,15mm, also bisschen zu viel. Nach langem Suchen dann auch ne richtige Scheibe gefunden, da kann man sich auch was zurecht schleifen. Hatte danach so ca. 0,5. Lief aber schön.
Die Nebenwelle ist da etwas schwieriger zu messen, aber da ist zum Glück ein M8er Gewinde drin auf der li Seite, da kann man die Welle mit einer U-scheibe und ner 8er Schraube bis ganz auf die linke Seite ziehen, Messuhr drauf, nullen, und dann schauen wie weit sie wieder reingeht. Bei neuen Lagern, muss man da schon auch mal bisschen klopfen. Spiel bei mir 0,2mm, soll haben: 0,2 – 0,4. Passt.
007_99SSD_Hauptwelle..JPG
Die Hauptwelle hab ich an der Ritzelseite vermessen. Sprich: Welle ganz nach links drücken und, Messuhr drauf, nullen, dann schauen wieviel Spiel sie zur rechten Seite hat. War bei mir 0,38 mm, das war mir zu viel, also 0,2mm Scheibe reingebastelt. Sollspiel hier genau wie die Nebenwelle 0,2 – 0,4.
Nach dem Messen, also wieder den Motor auf, alles neu distanziert, und wieder zusammengebaut. Da ist auch wichtig, die gleiche Dichtung zu nehmen, die haben ja auch ne gewisse Streuung was die dicke angeht. Eigentlich wollt ich keine Dichtung verwenden, sondern nur Dichtmasse, ging aber nicht, da meine Kurbelwelle ohne Distanzscheibe montier war, also sonst ohne Dichtung zu viel Vorspannung auf den Lager wäre (dazu später mehr)
Dann nochmals gemessen, und es schaut alles gut aus.
So, und dann erst mal den Kupplungskorb und Schaltmechanismus montier und all Gänge schon durchgeschalten.
Ohne Kurbelwelle kann man von vorne schön sehen wie die Schaltklauen laufen, den Abstand der Zahnräder… da war mir einfach nur wichtig, schaltet sauber, schleift nix. Und das hat es auch, also kein Handlungsbedarf.
Alles wieder auseinandergebaut, und ab in die Tütchen, zur Endmontage.

KW Hauptlager:

Ein KW Lager ging sehr leicht raus, und das Neue auch leicht rein, also hab ich mich entschlossen es mit Loctite Konstruktionskleber 638 einzukleben. Zusätzlich bekam der Lagersitzring noch was mit dem Körner drauf. Alle anderen Lager im Motor hab ich auch mit bisschen Kleber versehen. Muss man halt nur gut warm machen, wenn die je mal wieder raus sollen.
008_900SSD_Gehause.JPG
KW Hauptlager Vorspannung:
Da gehen ja die Meinungen und Erfahrungen etwas auseinander.
Der eine sagt die Lager brauchen ne Vorspannung von 0,3mm, der andere sagt, nee, das ist zu viel, 0,15 – 0,2mm….
Dass die Lager eine Vorspannung brauchen ist klar, ist ein Schrägkugellager, ohne Druck laufen die nicht ordentlich.
Also mal wieder Motor mit Kurbelwelle zusammengebaut. (Danke Konrad für die perfekt Arbeit !!)
Gleiche Dichtung, Schrauben rein, Drehmoment, die alte Leier….
009_900SSD_KW.JPG
Messuhr drauf (linke Seite), KW ganz nach rechts gedrückt, genullt, dann KW nach links gedrückt.
Meine hatte ca. 0,27 Spiel. Also keine Vorspannung vorhanden, da muss ne Scheibe rein.

Uwe angerufen, und siehe da, ein gut sortierter Mensch hat natürlich ne riesen Auswahl an Scheiben.
Hab mir dann noch zwei zusätzliche Meinungen eingeholt, wie die Vorspannung jetzt denn sein muss, und die sagten dann, da gibt es eigentlich nix Messbares, ist ne Erfahrung. GANZ wichtig ist halt, dass die Kurbelwelle nach richtiger Montage keine Taumelbewegung an den Stümpfen macht. Und wie eine richtige Vorspannung auch zu überprüfen ist: die KW sollte sich gut drehen lassen, aber nicht von alleine nachschwingen.
Ich wollte so auf 0,15 – 0,2 Vorspannung, erst mal zum Testen. Die Scheiben gibt es mit 0,5- 0,3- 0,2- 0,1.
Zu dünne Scheiben sind nix, die können sich wegdrücken.
Also hab ich mir die schönste 0,5mm Scheibe genommen, und auf ca. 0,44 runtergeschliffen. Ist ein Scheißjob, geht aber. Am besten funktioniert das wenn man die Scheibe mit Doppeltseitigem Klebeband auf eine alte Lagerschale aufklebt, da kann man wenigsten gut anfassen.
010_900SSD_KW Scheibe.JPG
Wichtig ist da natürlich, dass man gelichmäßig schleift, also immer messen, messen, messen…
Und wieder montiert, und erst mal geschaut wie die KW so läuft. Und das war nahezu perfekt. Ließ sich drehen, blieb aber an jeder Position stehen. Das axiale Speil der KW and den Stümpfen war max. 0,02mm, das denk ich ist im Rahmen.
Also prima, Gehäuse wieder auf, und ab zur endgültigen Montage.

Kommt dann im 2 Teil: jetzt bauen wir uns wirklich eine Duc.

Nen netten Sonntag Abend noch muss jetzt in die Werkstatt


Manfred

Re: Wir bauen uns eine Königswelle

Verfasst: So 13. Mär 2022, 19:05
von eifelnobby
Na das klingt wieder nach einer spannenden Geschichte 👍🏻👍🏻👍🏻

An den Motor meiner Hailwood traue ich mich nicht selber dran, aber diese Erfahrungs- und Werkstattberichte sauge ich immer mit grooooooßer Freude auf.
Seien es die Posts von Konrad (humlik) oder so Geschichten wie die letztens von Ralph (rallef), oder den anderen Forumisten, die uns an ihrer Schrauberleidenschaft teilhaben lassen. So kann ich mir dann wenigstens einen Grundstock an theoretischem Wissen aneignen.
Es ist jedenfalls immer schön dort mitzulesen und auch wenn‘s im Forum schonmal sehr ruhig ist, auf diesem Weg mein Dank an alle die ihr Wissen, Können und Experimentierfreude mit den Mitlesen teilen🙏🏻🙏🏻🙏🏻👍🏻👍🏻👍🏻

Norbert 🙋🏼???

Re: Wir bauen uns eine Königswelle

Verfasst: Mo 14. Mär 2022, 08:47
von conti
Hallo...Grüße aus Süd-Hessen

Vielen Dank für deinen sehr ausführlichen Bericht , mach bitte weiter so...
Erinnert mich sehr an die Motor Überholung meiner MHR bj.84 , 2001 bei ca. 90T km bemerkte ich das die Kurbelwelle sich von Hand bewegen lies...aber in allen Richtungen ;-)
Da fehlten schon kugeln in den Hauptlagern , die in der Öelwanne lagen... :shock:
Aber gefahren ist sie noch ohne Auffälligkeiten ...
Also war hier das volle Programm angesagt , und genau wie bei dir ...alles abmontieren , in Tütchen , mit Draht zusammenbinden, aufschreiben, Bilder machen ...bloß nicht durcheinander bringen :mrgreen:
Nur von der Vorspannung der KW hatte mir damals vor 20 Jahren keiner was gesagt , hatte mehrere Spezis dazu ausgefragt ...und mit KÖWE im Forum ...so weit war ich noch nicht .
Egal ...die Dame hat jetzt an die 140T km runter und läuft immer noch... kann dann soooo falsch nicht gewesen sein was ich damals so gemacht habe.
Aber wie du schon sagtest , hat es mir richtig viel Freude bereitet an dem Motor zu bauen.
also weiter so , da bekommen auch Besitzen die sich nicht nicht trauen würden so tief in ihre Diva einzugreifen mal einen guten Eindruck davon... alles kein Hexenwerk 8-)

viele Grüße Horst

Re: Wir bauen uns eine Königswelle

Verfasst: So 20. Mär 2022, 16:13
von Manlutz
Hi Alle

Jetzt geht’s weiter, auch wenn ich schon recht weit bin, allerdings leider nicht mit Berichte schreiben.

Zuerst mal die Simmerringe rein, geht am besten wenn man ein leeres rechtes Gehäuse hat.
Simmerring der Hauptwelle und der Kleine für die Schaltwalze.
001_Simmerringe Re.JPG
Geht am besten wenn man passende Scheiben hat, dass man auch auf den Metallring des Simmerrings klopft, und nicht auf das weiche Teil. Der Simmerring der Hauptwelle hat keinen Anschlag, also wichtig, gerade reinmachen, nicht schräg. Wie tief muss der rein? Ich hab meinen so tief gemacht, dass er nicht auf den Laufspuren der Buchse läuft, sondern bisschen daneben.

Motorzusammenbau:

Getriebe auf Pitting, oder sonstige Beschädigung geprüft, alles prima bei mir, Nadellager der Hauptwelle auch in Ordnung.
Gereinigt mit Bremsenreiniger, mit Druckluft sauber gepustet, und bevor der Einbau beginnt, immer mit Motoröl benetzt, wer weiß schon wann der Motor das erste Mal alles selber mit Öl beschmiert.
Zuerst kommt die Schaltwalze rein, natürlich mit allen Distanzscheiben wie zuvor gemessen.
Wir stecken alles übrigens in die rechte Gehäusehälfte.
002_Schaltwalze.JPG
Jetzt von außerhalb die Leerlaufnocke auf die Schaltwalze gesteckt und mit der Madenschraube (bisschen Loctite) festgemacht. Wenn mal der Motor zu ist, oder die Schaltgabeln drin sind, kommt man da schlecht dran, da die Verschraubung zur Hauptwelle zeigt.

Dann die Hauptwelle rein (Distanzscheiben!!)
003_Hauptwelle.JPG
Darauf folgt die Nebenwelle, dann die Schaltgabeln, und schließlich die Führungen auf denen die Schaltgabeln laufen.
004_Nebenwelle.JPG
Ich hab alles im Leerlauf montiert, bedeutet das Loch auf der Schaltwalze wo kein Stift drin ist, linke Seite, ist auf 12 Uhr, bzw zeigt zum Himmel, wäre der Motor normal aufrecht.

Jetzt geht’s zusammen: die 3 Passstifte in die dafür vorgesehenen Löcher, Distanzscheibe auf die Kurbelwelle, Dichtung mit Öl benetzt damit sie beim evtl. nochmals zerlegen leicht ab geht.
005_Hochzeit.JPG
Linke Seite auf die Rechte, die großen Schrauben rein, die kleinen dabei, dann alles mit Drehmoment festziehen. Gibt da nicht wirklich ne Reihenfolge, ich mach immer so gut wie geht über Kreuz

Jetzt kann man auch die Dichtung in den Zylinderbohrungen mit nem Kutter, oder Skalpell entfernen.
Dann mit 1200 Schmirgelpapier nacharbeiten, sonst gehen die Zylinder wahrscheinlich schlecht rein.

Dann hab ich den Motor auf die linke Seite gelegt (natürlich immer mit Holz unterbaut damit die KW nicht aufliegt), und schon mal die Ölpumpe montiert. Das geht deutlich einfacher, da man die Kugel einfach auf die Feder legen kann. Die fällt da nicht runter. Die Ölpumpe hatte bei mir übrigends kein Verschleiß, also nichts gemacht. Nur die Achse des nicht angetriebenen Zahnrad war etwas reausgewandert, hab ich nach Montage einfach etwas verkörnt.
006_Re pumpe schaltnocke.JPG
Hier mal ein Bild vom Ausbau, da sieht man die Feder und die Kugel.
007 _Kugel feder.JPG

Re: Wir bauen uns eine Königswelle

Verfasst: So 20. Mär 2022, 16:17
von Manlutz
Jetzt hab ich den Motor in meine rustikale Motorhalterung gehängt (Danke Uwe), und es geht auf die linke Seite der Montage.
Die Scheibe auf die Schaltwalze, damit die Stift nicht rausfallen, hab ne neue Schraube genommen, Loctite dran, der lösbare.
Dann den Schaltautomaten rein, zuerst die große Scheiben dann die Feder, dann der Automat, kleine Scheibe, Sprengring.
Und nu kommt die Welle für den Anlasser, da muss zwischen Motor und Welle ne kleine Scheibe.
008_anlasserwelle.JPG
Die geht aber nur zusammen mit der Schwungscheibe zu montieren.
Das Bild zeigt nur wo die Welle rein muss
009_li Motor.JPG
Schwungscheibe:
010_Schwung_Freilauf.JPG
Zuerst die Scheibe auf die Kurbelwelle, dann den inneren Lagerring des Nadellagers, Nadellager drauf.
011_Schwungradlager.JPG
Jetzt muss die Passfeder in den Schlitz der Kurbelwelle, dann das Schwungrad, und nun das Primärrad mit dem Freilauf, gleichzeitig die Anlasserwelle (mit Scheibe) nicht vergessen.
012_Schwung ist drauf.JPG

Jetzt geht’s zur Kupplung.

Zuerst die Schaltachse (oder Schaltwelle da sie sich ja dreht!) rein, auch da sitzt eine Metallscheibe zwischen Motor und Achse/Welle. Da kann man eigentlich fast nichts falsch machen.
013_Schaltachse.JPG
Jetzt die dicke Scheibe auf die Hauptwelle des Getriebes. Ist bei mir 4,8mm dick.
014_Kupplungs U-Scheibe.JPG
Jetzt den Kupplungskorb mit Innenring drauf, sicherungsscheibe, dann die Mutter.
Hab wieder mit Loctite gearbeitet, Sicher ist sicher.

Die Mutter bekommt 100 Nm, da braucht man schon was zum gegenhalten.
Bei meinem (oder Uwe‘s) hab ich einfach eine Motorachse genommen, paar Muttern drauf und ne Langnuss drüber. Dann Spezialwerkzeug drauf, und mit Drehmoments festgezogen.
015_Steckachse01.JPG
016_Steckachse02.JPG
Das wars erst mal von der linken Motorseite, den Zündrotor hab ich noch nicht drauf gemacht, den brauch ich später noch um meine Pick-ups richtig einzustellen.

Weiter geht’s im Teil 3 mit dem Distanzieren der unteren KöWe Böcken, und die Montage des KöWe Antriebs.
Und für mich jetzt ein Kaffee und ab zum Schrauben, mach gerade meine desmodromische Ventilsteuerungsausbilder in Eigenregie. Alles kein Hexenwerk, kommt dann hier später auch noch rein.

Habt Spaß

Manfred